Abgeschlossene Grabungen

1. Künstlerhaus / Kinderoper

Nach dem ab 1857 sukzessive vorangetriebenen Abbruch der Stadtmauer wurde an ihrer Stelle die Wiener Ringstraße als attraktiver und großzügiger Boulevard angelegt.

In der Uferzone des Wienflusses wurde auf einem von der Stadt Wien gratis zur Verfügung gestellten Grundstück das „Künstlerhaus“, als erstes im deutschsprachigen Raum von Künstlern eigenständig und frei finanziertes Ausstellungs- und Vereinshaus errichtet.  

Mit dem Bau des vom Architekten August Weber im Stil der italienischen Renaissance entworfenen Gebäudes wurde 1865 begonnen; der Schlussstein in einer feierlichen Zeremonie am 1. September 1868 im Beisein von Kaiser Franz Joseph I. gelegt.

Bereits 1882 erhielt das Haus einen größeren Zubau, die beiden Seitenflügel wurden errichtet und der gesamte Baukörper bis zur Bösendorferstraße erweitert.

2016 bis 2019 wurde das Künstlerhaus zum Museum „Albertina Modern“ umgebaut. Diese Arbeiten wurden von der Forschungsgesellschaft Wiener Stadtarchäologie aufgrund der möglichen römischen Befunde – vermutet man doch die Limesstraße in diesem Bereich – archäologisch betreut. Dabei ergaben sich jedoch keine Aufschlüsse in dieser Hinsicht.

2020 wurde beschlossen, den östlichen Seitenflügel zur „Kinderoper“ umzugestalten; mit dem Umbau wurde im Juni 2021 begonnen und auch hier wurde die Forschungsgesellschaft Wiener Stadtarchäologie wieder mit der archäologischen Baubegleitung des Projektes beauftragt.

 Unmittelbar nach dem Beginn kam es zu einem Baustopp aufgrund technischer Probleme und erst im Frühjahr 2023 wurden die Bauarbeiten fortgesetzt, wobei die archäologischen Baubegleitung folgende Ergebnisse erbrachte: Nach dem maschinellen Abgraben von circa 1,0 m schottriger Bauschuttschicht  zeigten sich im Südteil zwei Ziegelmauern,   die Reste eines kleinen, rechteckigen Raums, der innen stark mit Kalk ausgekleidet war. Dies und die Maße der verwendeten Ziegel sprechen für die Verwendung als Kalkwanne im Zuge der Errichtung des Gebäudes im späten 19. Jahrhundert. Daneben befand sich, annähernd im rechten Winkel zur Westmauer der möglichen Kalkwanne verlaufend, eine weitere Ziegelmauer, möglicherweise der Unterbau einer ehemals hier verlaufenden Wasserleitung.

Darunter konnte eine massive, knapp 4,0 m mächtige Aufschüttung, bestehend aus mehreren Planierschichten, beobachtet werden. Im Zuge des maschinellen Abtragens dieser Schuttschichten wurden zahlreiche Streufunde geborgen . Neben vielen neuzeitlichen und mittelalterlichen Keramikscherben und Tierknochen wurde eine große Anzahl an neuzeitlichen Kachelfragmenten aufgesammelt. Die meisten davon waren ornamental ausgearbeitet und an ihrer Schauseite glasiert, wobei die Farbtöne der Glasuren von verschiedenen Grüntönen (mittel- bis dunkelgrün) bis schwarz variieren. Besonders hervorzuheben ist dabei ein schwarz glasiertes und figural verziertes großes Kachelfragment   Dieses Bruchstück einer Bekrönungskachel, zeigt offenbar einen Heiligen, der in der rechten Hand ein Buch, in der linken ein Schwert hält. .

Auf nahezu jedem dieser Kachelfragmente waren an der Rückseite Kohlenstoffanreicherungen zu erkennen, die ihre tatsächliche Verwendung und Verbauung in einem Kachelofen belegen.

In einer Tiefe von circa 8,6 m über Wiener Null wurde am Südende der Fläche eine kreisförmige, mittelalterliche Grube  dokumentiert und händisch abgebaut. Sie war noch circa 0,6 m tief erhalten und barg zahlreiche Funde. Neben einigen gebrannten Lehmbrocken, mehreren flachen, womöglich bearbeiteten Steinen und teilweise angekohlten Tierknochenfragmenten wurden viele Keramikscherben gefunden. Sie waren hell- bis dunkelgrau, teilweise graphitgemagert und datieren den Befund in das Spätmittelalter. Die ursprüngliche Funktion dieser Grube konnte nicht genau geklärt werden, sie wurde aber offenbar zuletzt als Abfallgrube genutzt. An der Grubensohle in einer Tiefe von circa 8 m über Wiener Null zeigte sich der darunterliegende Flussschotter , der wohl als Schwemmmaterial aus dem nahe gelegenen Wienfluss stammte. In den Bereichen der drei Liftschächte, deren Sohle zwischen 1,1 m und 1,7 m tiefer als die restliche Fläche lag, konnte auf einem Niveau von durchschnittlich 6,9 m über Wiener Null homogener, hellbrauner Löss  dokumentiert werden, wohl der anstehende Boden.

Auftraggeber: MHM Ziviltechniker GmbH